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Nicht nur die Not macht wendig - Im Namen der Verantwortung ergeht folgende Verordnung

Wed, 12 May 2021 22:42:41 +0000 von Michael Kranzusch

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Die Legitimität jeder Ordnung beruht auf Zustimmung, ihre Durchsetzung auf Gewalt - angedrohter und ausgeübter, eigenmächtig proklamierter oder von außen angetragener, auf gebündelte Macht gegründeter oder durch mehrheitliche Akzeptanz legitimierter Gewalt. Das gilt auch für die Durchsetzung der Ordnung gegenüber denen, die diese in Frage stellen oder wie auch immer dagegen aufbegehren. Der formale Nachweis der Legitimität einer Ordnung geschieht durch Verweis auf einen repräsentativen und konstitutiven Konsens, sowie durch die Wahrung daraus abgeleiteter Verfahren. Dabei gerät das Bemühen um Rechtfertigung durch Gerechtigkeit allzu leicht in den Schatten der Selbstrechtfertigung und schließlich der Selbstgerechtigkeit. "Wir" haben immer Recht - wobei das von jeder beliebigen Institution, Organisation und Bewegung in Anspruch genommen werden kann und oft  genug wird. Das ist konfliktträchtig. Zur Zähmung der Gewalt und zur Eindämmung ihrer Tendenz zur Eigenmächtigkeit herrscht hierzulande Gewaltenteilung - eine großartige Idee, der eine zweifelhafte Praxis folgt, weil Interessenverflechtungen niemals gänzlich aufzudecken und auszuschließen sind. Doch aus dem Blick geraten dabei allzu leicht auch ganz andere gleichzeitig und nach eigenen Gesetzmäßigkeiten wirksame Mächte - wie z.B. Wirtschaft, Wissenschaft und Medien.
All deren Ziele und Interessen oder auch nur die relevantesten zu durchschauen ist kaum möglich - und sich der eigenen bewusst zu werden ist leider kaum weniger schwer. Verflechtungen und Verpflichtungen der drei Gewalten wie der genannten und manch ungenannter Mächte wecken berechtigte Zweifel an dem, was der interessierten Öffentlichkeit als optimal, kontrollierbar und notwendig, womöglich gar alternativlos vermittelt wird - einer disparaten, heterogenen Öffentlichkeit übrigens, die 1. eigene, oft nicht bewusste Interessen hat, 2. unter einem eigenen Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom leidet (in dieser Metapher kommt neben der eher für Trägheit und Ignoranz anfälligen auch die für Übererregung und Aktivismus bekannte Version infrage) und 3. für Manipulationen verschiedener Art anfällig ist.  Denn Vernunft und Erfahrung lehren: Zielstrebigkeit macht manche Menschen mindestens genauso wendig wie die Not, für die stets nach Wegen der Erleichterung von Lasten und der Linderung von Schmerzen gesucht wird. Nicht nur die Not macht also wendig im Sinne von ultraflexibel, kompromissbereit und trickreich, sondern auch die Gier - bzw. der Versuch, den eigenen Vorteil zu erlangen und zu wahren.
Wenige Wochen vor der Corona-Krise bzw. deren Eskalation bei uns, sind folgende Sätze in einer Predigt gefallen - Sätze, in denen ein grundsätzliches Problem (nicht nur) unserer Gesellschaft deutlich wird, das an Aktualität und Brisanz seither leider nichts eingebüßt hat:

"Allerdings müssen wir auch mit denen rechnen, die ein Interesse haben, uns Dinge vorzuenthalten, weil wir die ihrer Meinung nach falschen Schlüsse daraus ziehen könnten, Menschen, die uns die Dinge so sehen lassen wollen, wie sie selbst sie sehen, und auf keinen Fall anders. Um solche verborgenen, unsichtbaren Interessenlagen aufzuspüren, gibt es zwei gute Ratschläge: Der erste lautet: Folge der Spur des Geldes! Wer profitiert finanziell von dem, was der Öffentlichkeit da mit Zuckerbrot und Peitsche vermittelt wird. Der zweite Wink mit dem Zaunpfahl lautet: Wer hat ein Interesse an Machterhalt oder Machtgewinn? Wer solch ein Interesse hat, wird alles tun, um die eigene Sicht der Dinge plausibel, ja unausweichlich darzustellen und eine abweichende Sicht der Dinge als abwegig und gefährlich, ja verheerend zu brandmarken. Wenn das allzu offensichtlich passiert, stolpern Menschen darüber. Und so lange das zu durchschaubar ist, wird sich davon niemand nachhaltig beeindrucken lassen. Aber wenn erst genügend Angst gesät ist, wenn die Hoheit über die Meinungsmache und Stimmungslage errungen ist, wird es immer schwerer, die Zusammenhänge zu durchschauen, die Interessengeflechte zu entlarven und die Widersprüche aufzudecken oder das Anlegen völlig ungleicher Maßstäbe. 
Dann wird jede ernsthafte Form anderer Denkansätze, Überzeugungen und Zielsetzungen geächtet, ausgegrenzt und diffamiert – so lange, bis eine Ordnung der Dinge hergestellt ist, die keinen Widerspruch mehr duldet. Aber wie das Verdrängte im Leben der Einzelnen in ihren Alpträumen aufbricht, bis sie davor nicht mehr die Augen verschließen, sondern sich ihm stellen und sich ernsthaft damit auseinandersetzen, so bricht das Verdrängte  einer Gesellschaft auf in den Alpträumen schwindender Freiheit und Sicherheit, in beunruhigenden Vorahnungen der Unterdrückung Andersdenkender wie in den Ereignissen, die uns alle aufschrecken lassen. Wer daraus allerdings die Konsequenz zieht, die Schwarz-Weiß-Malerei nur umso intensiver zu betreiben, hemmungslos Schuldzuweisungen vorzunehmen und die eigenen Anteile zu leugnen, darf sich nicht wundern, wenn die Spirale von Verdrängung und alptraumartigen Aufbrüchen immer mehr eskaliert."
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